Verein ohne Vorstand: Wann wird das für den Verein und den Alt- Vorstand zum Problem?

21/04/2022

Kaum eine rechtliche Frage stellt sich in Vereinen öfter als die, was passiert, wenn der Vorstand nicht (mehr) vollständig besetzt ist. Muss man sofort handeln und, wenn ja, wie? Welche Folgen drohen, wenn der Vorstand nicht zügig vervollständigt wird? Wir klären auf.

Handlungsbedarf beim Fehlen von Vorstandsmitgliedern

Grundsätzlich spielt es keine Rolle, warum der Vorstand eines Vereins nicht vollzählig ist. Ob Vorstandsmitglieder durch Ablauf der Amtszeit, Rücktritt oder Tod ausscheiden – die rechtlichen Folgen sind immer gleich. Es gibt lediglich eine Besonderheit: Der ausgeschiedene, aber noch im Vereinsregister eingetragene Vorstand kann eine Mitgliederversammlung einberufen. Es gibt in diesem Fall also keine Notwendigkeit (und auch keine Möglichkeit), einen Notvorstand zu bestellen.

Vakanzen sind zeitnah zu füllen

Generell gilt: Fehlen im Vorstand satzungsmäßig vorgesehene Mitglieder, müssen sie zeitnah bestellt (d. h. in der Regel neu gewählt) werden. Der Vorstand muss also zeitnah eine Mitgliederversammlung einberufen und Neuwahlen auf die Tagesordnung setzen.

Was in diesem Fall „zeitnah“ heißt, ergibt sich aus der Ladungsfrist und dem sonstigen zeitlichen Aufwand für die Einberufung. In der Regel werden das einige Wochen oder wenige Monate sein. Unmittelbare Sanktionen gibt es für die verbleibenden Vorstandsmitglieder nicht (insbesondere nicht durch das Vereinsregister). Der Vorstand macht sich aber grundsätzlich haftbar, wenn dem Verein durch eine schuldhaft verzögerte Einberufung der Mitgliederversammlung ein Schaden entsteht. Meist wird das aber nicht der Fall sein.

Zur Unzeit zurückgetrene Vorstandmitglieder

Weigert sich das Vorstandsmitglied, bei der Einberufung mitzuwirken, oder ist es aus anderen Gründen verhindert, bleibt nur die Bestellung eines Notvorstands. Weil die Bestellung eines Notvorstands mit Kosten verbunden ist, macht sich ein Vorstandsmitglied, das zur Unzeit zurückgetreten ist und sich weigert, die Mitgliederversammlung einzuberufen, u. U. schadenersatzpflichtig.

Das sollten auch Vorstandsmitglieder beachten, die zurücktreten. Um sich vor den Haftungsfolgen eines Rücktritts „zur Unzeit“ zu schützen, sollten sie rechtzeitig eine Mitgliederversammlung zur Neuwahl einberufen und den Rücktritt auf den Termin der Versammlung legen. Der ausscheidende Vorstand hat keine Verpflichtung, sich um Nachfolger zu kümmern. Da er die Neuwahl des Vorstands vorbereitet hat, scheiden Haftungsansprüche gegen ihn aus, wenn es der Mitgliederversammlung nicht gelingt, Nachfolger zu wählen.

Ein Vorstandsbeschluss ist zur Einberufung der Mitgliederversammlung nicht erforderlich. Ist der Vorstand noch vertretungsfähig, ist er auf die Mitwirkung nicht kooperationswilliger Vorstandsmitglieder also nicht angewiesen.

Zeitweiliger Ausfall eines Vorstandmitglieds

Fällt ein Vorstandsmitglied nur vorübergehend aus (z. B. wegen Krankheit oder längerer Abwesenheit), muss der Verein nur reagieren, wenn das Mitglied für die Vertretung des Vereins benötigt wird.

Wird Vorstandsmitglied für Vertretung des Vereins benötigt?

In der Regel wird man dem Vorstandsmitglied dann nahelegen, sein Amt niederzulegen, evtl. unter der Maßgabe, dass es bei den nächsten Wahlen erneut kandidieren kann. Der Verein hat dann freie Hand, den Posten durch umgehende Neuwahlen wieder zu besetzen.

Der Verein kann das Vorstandsmitglied aber auch abberufen. Grundsätzlich ist das nämlich jederzeit und ohne besondere Gründe möglich.

Auch wenn die Satzung hier Einschränkungen macht, ist das kein Problem. Eine Abberufung aus wichtigem Grund – hier Amtsunfähigkeit – ist nämlich immer möglich.

Vereinsrecht kennt „vorübergehendes Ruhen des Vorstandsamts“ nicht

Ein vorübergehendes Ruhen des Vorstandsamts kennt das Vereinsrecht nicht. Die Satzung könnte eine solche Regelung zwar einführen. Dann müsste sie aber bestimmen, wer in diesem Fall den Vorstandsposten übernimmt und den Verein nach außen vertritt. Von einem Ausscheiden unterscheidet sich der zeitweilige Ausfall also nur insofern, als keine Meldepflichten gegenüber dem Vereinsregister bestehen.

Vorstand ist noch vertretungsfähig

Hat der verbleibende Vorstand noch die erforderlichen Mitglieder, um den Verein zu vertreten, besteht zunächst kein Problem. Nach außen kann der Vorstand den Verein vertreten und nach innen die Geschäfte führen. Trotzdem hat der Vorstand die Pflicht, Neuwahlen durchzuführen und dazu eine Mitgliederversammlung einzuberufen.

Unklar ist, ob ein nicht vollständig besetzter Vorstand beschlussfähig ist. Für Rechtsgeschäfte ist ein Vorstandsbeschluss aber nicht Voraussetzung. Für eine mögliche Haftung dem Verein gegenüber spielt ein Vorstandsbeschluss grundsätzlich ebenfalls keine Rolle. Der Vorstand haftet gesamtschuldnerisch, unabhängig davon, ob er vollständig besetzt ist.

Vorstand ist nicht mehr vertretungsfähig

Fehlen die zur Vertretung erforderlichen Vorstandsmitglieder, ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob und wie viele Vorstandsmitglieder verblieben sind. Es spielt deswegen keine Rolle, ob der restliche Vorstand die Geschäfte weiterführt oder ob sogar Personen die Geschäfte führen, die nicht zum Vorstand gehören.

In beiden Fällen handelt es sich um Vertreter ohne Vertretungsmacht nach §§ 177 ff BGB. Das gilt auch, wenn die Amtszeit des Vorstands abgelaufen ist und die Satzung für diesen Fall keine Amtsverlängerungsklausel enthält.

Anders als vielfach vermutet, ist der Verein dann nicht handlungsunfähig. Es kann auch jemand für den Verein Rechtsgeschäfte abschließen, der nicht vertretungsberechtigt ist. Problematisch ist das nur bei größeren Geschäften und dem Abschluss von Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miet- oder Arbeitsverträge). Um sich rechtlich abzusichern, verlangen Vertragspartner hier oft die Vorlage eines Registerauszugs.

Vertretung ohne Vollmacht

Allerdings haften Personen, die ohne Vertretungsmacht (§ 177 BGB) und ohne Genehmigung des Vorstands für den Verein nach außen Rechtsgeschäfte abschließen, im Streitfall mit ihrem Privatvermögen.

Der Verein kann das Rechtsgeschäft aber im Nachhinein genehmigen. Beachtet werden muss, dass eine solche Genehmigung auch stillschweigend entstehen kann (Anscheins- und Duldungsvollmacht).

Beispiel: Ein Abteilungsleiter eines Sportvereins ordert im Namen des Vereins Sportgeräte, weil der Vorstand zurückgetreten ist. Der Verein (d. h. die Mitgliederversammlung) kann das Geschäft nachträglich genehmigen oder stillschweigend dulden. Verweigert der Verein die Zustimmung, haftet der Abteilungsleiter persönlich für die Verpflichtungen aus dem Rechtsgeschäft.

Wichtig: Eine verbindliche Bevollmächtigung ist also vor allem für den Bevollmächtigten von enormer Bedeutung. Er kann damit im Streitfall nachweisen, dass er berechtigt war, die entsprechenden Geschäfte im Namen des Vereins zu tätigen, und kann vom Verein Ersatz verlangen, wenn er aus dem Geschäft privat in Anspruch genommen wird.

Anscheins- und Duldungsvollmacht

Es kann aber auch für den Verein problematisch sein, wenn unklar ist, wer für ihn Rechtgeschäfte abschließen darf. Hier gelten nämlich die oben angesprochenen Regelungen zur Anscheins- und Duldungsvollmacht.

Handelt eine Person für den Verein nach außen und duldet der Verein das, obwohl der Handelnde keine ausreichende satzungsmäßige oder rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis hat, kann damit der Verein im Geschäftsverkehr den Rechtsschein erzeugen, dass der Handelnde dazu berechtigt war. Die Rechtsprechung hat dafür das Konstrukt der Anscheins- und Duldungsvollmacht entwickelt. Der Verein muss dann die so zustande gekommenen Verträge gegen sich gelten lassen und sie auch erfüllen.

Der faktische Vorstand

Auch wenn eine Person ohne gültige Bestellung (Wahl) wie ein Vorstand tätig wird, entstehen Rechtsbeziehungen zwischen ihr und dem Verein. Für diesen faktischen Vorstand gelten die BGB-Regelungen zum Auftrag (§ 662 ff). Er hat deswegen die gleichen Rechenschaftspflichten wie der bestellte Vorstand. Aus § 670 BGB ergibt sich aber auch ein Aufwandsersatzanspruch.

Hauptamtliche Vorstandsmitglieder, die nach Rücktritt oder Abberufung als faktischer Vorstand tätig bleiben, haben weiter einen Vergütungsanspruch, auch wenn das Anstellungsverhältnis an das Amt gebunden ist. Sowohl der Dienstvertrag als auch das Auftragsverhältnis können aber jederzeit und ohne wichtigen Grund beendet werden.

Nicht nur der faktische Vorstand geht Haftungsrisiken ein. Auch für den Verein entstehen rechtliche Folgen. Nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht muss er sich das Handeln des faktischen Vorstands zurechnen lassen, wenn er es wissentlich geschehen lässt, dass jemand für ihn wie ein gesetzlicher Vertreter handelt. Eine Billigung durch den Verein ist außerhalb der Mitgliederversammlung nicht möglich. Die Duldung kommt deswegen nur zustande, wenn noch andere Vorstandsmitglieder vorhanden sind und das Handeln des faktischen Vorstands mehrheitlich dulden.

Haftungsrisiken geht aber vor allem der faktische Vorstand ein. Ihn trifft grundsätzlich die gleiche Haftung wie den regulär bestellten Vorstand. Auch eine Haftung des faktischen Vorstands gegenüber dem Verein (Innenhaftung) kommt in Frage, wenn er durch sein Handeln den Verein schädigt.

Das Vereinsregister

Zu Problemen mit dem Vereinsregister kommt es nur, wenn ein Vorstandsposten längere Zeit vakant bleibt. Unproblematisch ist es, wenn die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder nicht zum BGB-Vorstand gehören, also nicht im Vereinsregister eingetragen sind. Änderungen im erweiterten Vorstand müssen dem Registergericht nicht gemeldet werden.

Geschäftspartner über Änderung im Vorstand informieren

Anders bei BGB-Vorständen. Zunächst kann ein solches Vorstandsmitglied nicht gelöscht werden, ohne dass ein neues eingetragen wird. Die Folge ist, dass das ausgeschiedene Vorstandsmitglied den Verein weiter vertreten kann. Rechtsgeschäfte, die es abschließt, binden den Verein, soweit der Geschäftspartner nichts von seinem Ausscheiden wusste oder wissen konnte (negative Publizität des Vereinsregisters). Im Zweifelsfall sollten Sie also Geschäftspartner über die Änderung im Vorstand informieren.

Registergericht recherchiert Vorstandsänderungen nicht von sich aus

Da das Registergericht nicht von sich aus recherchiert, wird es auf das Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds nur aufmerksam, wenn eine entsprechende Mitteilung erfolgt, etwa durch das ausgeschiedene Vorstandsmitglied selbst. Wie lange das Gericht die Vakanz akzeptiert, liegt in seinem Ermessen. Es wird zunächst eine Frist zur Neubestellung des Vorstandspostens setzen. Darauf sollten Sie aber nicht warten, sondern umgehend eine Mitgliederversammlung mit entsprechender Tagesordnung einberufen. Lassen Sie eine Frist verstreichen, kann das Gericht Zwangsgelder verhängen. Zunächst erfolgt aber eine Zwangsgeldandrohung. Eine rückwirkende Sanktion fehlender Meldungen gibt es nicht.

Der Notvorstand

Fehlen die erforderlichen Mitglieder des Vorstands, können sie in dringenden Fällen gerichtlich bestellt werden (§ 29 BGB). Ein solcher Notvorstand bleibt dann bis „zur Behebung des Mangels“ im Amt lso bis Neuwahlen durchgeführt wurden oder im Extremfall – die Vereinsliquidatoren bestellt sind.

Notvorstandsbestellung ist der Ausnahmefall

Da nicht mehr amtierende, aber noch eingetragene Vorstandsmitglieder die Wahlversammlung noch einberufen können, wird ein Notvorstand meist nur erforderlich sein, wenn ein zur Vertretung nötiges Vorstandsmitglied durch Tod oder Geschäftsunfähigkeit ausfällt oder sich weigert, die Geschäfte weiter zu führen.

Verweigert ein Vorstandsmitglied nur einzelne Vertretungs- oder Geschäftsführungsmaßnahmen oder blockieren sich zerstrittene Mitglieder gegenseitig, wird kein Notvorstand bestellt. In dem Fall muss der Verein das Problem durch Neuwahlen lösen. Die dazu nötige Mitgliederversammlung kann durch Minderheitenverlangen (§ 37 BGB) einberufen werden. Weigert sich der Vorstand, die Einberufung vorzunehmen, kann das Amtsgericht die Mitglieder dazu ermächtigen.

Wer muss den Notvorstand wo beantragen?

Zuständig für die gerichtliche Bestellung des Vorstands ist das Amtsgericht (Registergericht), bei dem der Verein eingetragen ist. Den Antrag dazu können alle Mitglieder und Vorstandsmitglieder stellen. Das Gericht kann aber auch von Amts wegen tätig werden. Der Antrag kann schriftlich gestellt oder beim Amtsgericht zu Protokoll gegeben werden.

Die Auswahl des Notvorstands ist Sache des Gerichts. In der Regel wird es die Vorschläge der Antragsteller berücksichtigen. Der Notvorstand hat alle Rechte des fehlenden Vorstandes. Das Gericht kann die Vertretungsmacht aber beschränken, z. B. auf die Einberufung und Leitung einer Mitgliederversammlung.

Mit Satzungsanpassung auf Problematik reagieren

Der häufigste Fall ist, dass sich zwar noch Vorstandsmitglieder finden, aber nicht so viele, wie die Satzung vorsieht. Das liegt meist daran, dass die Satzung unnötig viele Vorstandsposten vorsieht. Dann muss der Vorstand per Satzungsänderung verkleinert werden.

Es empfiehlt sich dann, Größe und Zusammensetzung des Vorstands künftig flexibel zu gestalten. Eine Mindestzahl von Vorstandsmitgliedern anzugeben, genügt. Auch die Ämter können an die Zahl der Vorstandsmitglieder angepasst werden. Eine mögliche Satzungsregelung könnte wie folgt aussehen:

SATZUNGSKLAUSEL
Größe und Zusammensetzung des Vorstands

Der Vorstand besteht aus mindestens einem (oder zwei usw.) und höchstens vier (oder mehr) Mitgliedern. Über die Zahl der Vorstandsmitglieder beschließt die Mitgliederversammlung bei der Bestellung des Vorstands. Je nach der Zahl der Vorstandsmitglieder umfasst der Vorstand folgende Ämter:

1. Vorsitzender

2. Vorsitzender

3. Kassenwart

4. Schriftführer (…)

Wichtig: Auf eine solche Ressortaufteilung kann aber auch verzichtet werden. Es ist auch möglich, dass die Satzung die Aufgabenteilung dem Vorstand selbst überlässt:

SATZUNGSKLAUSEL Geschäftsordnung des Vorstands

Der Vorstand gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere die Aufgabenteilung zwischen den Vorstandsmitgliedern geregelt wird. Die Geschäftsordnung wird der Mitgliederversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt.

Wenn sich dauerhaft keine Vorstandsmitglieder finden

Finden sich dauerhaft keine neuen Vorstandsmitglieder, bleibt nur die Auflösung des Vereins. Soweit erforderlich, kann als Liquidator ein Notvorstand durch das Amtsgericht bestellt werden. Nicht selten kommt es vor, dass ein Verein im Vereinsregister zur „Karteileiche“ wird. Solange keine Abmeldung der Vorstandsmitglieder erfolgt oder die Löschung des Vereins beantragt wird, kann dieser Zustand lange fortbestehen, weil das Registergericht nicht prüft, ob der Verein faktisch noch existiert.

Rechtlich betrachtet ist das kein Problem, weil grundsätzlich kein Unterschied darin besteht, ob ein Verein nur untätig ist – also keine Rechtsgeschäfte mehr tätigt – oder ob er seine Tätigkeit auf Dauer eingestellt hat.

Quelle: IWW Verlag

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