Entlastung GmbH Geschäftsführer

Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers

30/10/2023

Die Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers ist im Grundsatz ein gesetzlich durchregulierter und weitestgehend unproblematischer Prozess, der in der Regel für die betroffene Periode die Haftung des Geschäftsführers entfallen lässt. Dennoch gibt es Fälle, die eine wirksame Entlastung verhindern können, z.B. wenn der Geschäftsführer Ausgaben in der Rechnungslegung verschleiert. Dann können trotz Entlastungsbeschlusses der Gesellschaft Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer infrage kommen.

Grundlagen der Entlastung eines GmbH-Geschäftsführers

Mit der nach dem GmbH-Gesetz zu beschließenden Entlastung sprechen die Gesellschafter dem Geschäftsführer einerseits Vertrauen für seine bisherige Geschäftsführung aus. Ziel der Entlastung ist, Geschäftsführer von Haftungsrisiken zu befreien.

Warum ist die Entlastung wichtig?

Denn mit der Entlastung verzichten die Gesellschafter und die Gesellschaft selbst auf die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen Geschäftsführer. Nach der Entlastung können Geschäftsführer nicht mehr persönlich in Anspruch genommen werden (sogenannte Präklusion).

Die Rolle der Rechnungslegung

Andererseits wird durch das Erfordernis der Erklärung der Entlastung die Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwaltung der Gesellschaft durch die Gesellschafter sichergestellt, die im Rahmen der Entlastung gehalten sind, Recht- und Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung zu überprüfen. Die Überprüfung der Geschäftsführung erfolgt auf Grundlage der Pflicht der Geschäftsführer zur Auskunft, Berichterstattung und Rechnungslegung. Die Entlastung setzt demnach voraus, dass der Geschäftsführer zuvor Rechnung über seine Geschäftsführung gelegt hat. Das umfasst insbesondere die ordnungsgemäße Buchführung und die Aufstellung des Jahresabschlusses.

Bedingungen der Entlastung von GmbH-Geschäftsführern

Die Entlastung erstreckt sich zeitlich auf den Zeitraum der Periode, für die die Entlastung erklärt wird (in der Regel ein abgelaufenes Geschäftsjahr). Die Entlastung erfolgt dann durch Gesellschafterbeschluss in der Gesellschafterversammlung – den Entlastungsbeschluss. Insoweit unterscheidet er sich nicht von anderen Gesellschafterbeschlüssen. Es sind die üblichen Formvorschriften einzuhalten. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Entlastung des Geschäftsführers besteht nicht. Es findet sich jedoch typischerweise im Gesellschaftsvertrag eine Regelung, nach der im Anschluss an die Vorlage des Jahresabschlusses über die Entlastung abzustimmen ist.

Von der Präklusionswirkung der Entlastung sind allerdings nur solche Ansprüche erfasst, die die Gesellschafter bei gewissenhafter Prüfung der vom Geschäftsführer bereitgestellten Informationen erkennen konnten, und nur insoweit, wie alle Gesellschafter zumindest die abstrakte Möglichkeit der Kenntnisnahme der relevanten Informationen hatten. Keine Entlastungswirkung tritt daher ein und Ansprüche gegen Geschäftsführer bestehen trotz Entlastungsbeschluss weiter, wenn der Geschäftsführer im Rahmen seiner Pflicht zur Auskunft, Berichterstattung und Rechnungslegung bewusst relevante Informationen verschleiert, sodass diese nicht allen Gesellschaftern bekannt sein konnten.

Grenzen der Präklusionswirkung

Exemplarisch entschied zuletzt das Oberlandesgerichts Brandenburg (Urteil vom 29.06.2022), dass die Präklusionswirkung der Entlastung nicht eintritt, wenn der Geschäftsführer bei der Rechnungslegung einzelne Rechnungsposten zusammenfasst, beispielsweise, um so einen Kfz-Kauf zu seiner Privatnutzung zu Lasten der Gesellschaft zu verschleiern.

Ein Fallbeispiel

Dem Urteil des OLG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende GmbH macht gegenüber ihrem ehemaligen Geschäftsführer Schadensersatzansprüche geltend, da dieser einen Wohnwagen zur privaten Nutzung über die Gesellschaft angeschafft und ausgebaut habe. Die Anschaffung und der Ausbau sei – nach Auffassung der Gesellschafter – ohne Abstimmung mit den weiteren Gesellschaftern erfolgt. Damit habe der beklagte Geschäftsführer gegen seine Pflichten als Geschäftsführer verstoßen und hafte gegenüber der Gesellschaft insoweit. Der Geschäftsführer argumentierte, dass die Anschaffung des Wohnwagens in Absprache mit den anderen Gesellschaftern erfolgt sei. Zudem sei ihm Entlastung erteilt worden, so dass eine Haftung bereits aus diesem Grund ausgeschlossen sei.

Der Jahresabschluss wies jedoch lediglich eine Position „Bauwagen“ im Rahmen der Position „sonstige Transportmittel“ aus. Erst nach der Entlastung des Geschäftsführers durch die Gesellschafterversammlung wurde den Gesellschaftern die in dieser Bilanzposition enthaltene Anschaffung des Wohnwagens zur Privatnutzung auf Kosten der Gesellschaft bekannt, die er entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes verwendet hat.

Das Urteil des OLG

Das OLG hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Geschäftsführer für den Schaden haftet, der durch die Anschaffung des Wohnwagens zur privaten Nutzung über die Gesellschaft entstanden ist. Ferner konnte der Geschäftsführer auch nicht nachweisen, dass er die Anschaffung und den Ausbau des Wohnwagens mit den Mitgesellschaftern abgestimmt hatte. Die OLG-Richter sahen in der Anschaffung des Wohnwagens einen Verstoß gegen die Pflichten des Geschäftsführers. Denn als solcher habe er mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes seine unternehmerischen Entscheidungen zum Wohl des Unternehmens, somit zur Erhaltung und Steigerung des Unternehmenswerts, auszurichten.

Die bereits erteilte Entlastung stehe dem nicht entgegen: Nach Ansicht des OLG erstreckte sich die Entlastung nämlich nicht auf den Kauf des Wohnwagens, da den Gesellschaftern dieser nicht bekannt war und auch bei sorgfältiger Prüfung der vorhandenen Informationen nicht bekannt sein musste. Durch die bewusste Verschleierung des Kaufs durch die Rechnungslegung mit anderen Positionen im Jahresabschluss habe der Geschäftsführer beabsichtigt, die Kenntnisnahme der Gesellschafter vor der Entlastung zu verhindern. Deshalb war der Kauf des Wohnwagens nicht von der Wirkung der Entlastung erfasst.

Praxishinweis

Die Entscheidung des OLG überrascht nicht und zeigt einmal mehr, dass in der Praxis die Entlastung nur selten eine Haftung des Geschäftsführers ausschließt. Zwar führt die Entlastung des Geschäftsführers grundsätzlich dazu, dass die Gesellschaft einen Schadensersatzanspruch gegenüber ihrem Geschäftsführer nicht mehr geltend machen kann (sog. Präklusionswirkung). Von dieser Präklusionswirkung werden jedoch nur solche Fälle erfasst, in denen ein möglicher Haftungsanspruch aus den von der Geschäftsführung vorgelegten Informationen (insbesondere Rechnungslegungen und Berichterstattungen) für Gesellschafter erkennbar gewesen wäre.

Von den Gesellschaftern wird zwar erwartet, dass sie die erhaltenen Unterlagen sorgfältig prüfen und gegebenenfalls auch Nachfragen stellen. Diese Pflicht zur Nachfrage beschränkt sich jedoch auf solche Fälle, in denen es einen Anlass zur Nachfrage gibt. Verschleiert der Geschäftsführer hingegen Tatsachen, hat die Entlastung des Geschäftsführers insoweit keine Wirkung.

Die Gesellschafter haben in der Regel keine umfassende Kenntnis über die Geschehnisse im Unternehmen und sind auf die Richtigkeit der vorgelegten Informationen angewiesen. Ein Geschäftsführer darf sich daher auch nur auf die Entlastungswirkung verlassen, sofern er selbst seinen Pflichten, insbesondere zur Auskunft, Berichterstattung und Rechnungslegung, ordnungsgemäß und sorgfältig nachgekommen ist. Denn bei unzureichender Erfüllung dieser Pflichten droht eine nur teilweise wirksame Entlastung oder gar das Verweigern der Entlastung.

Fazit

Für Gesellschafter verdeutlicht das Urteil des OLG Brandenburg die Verantwortung der Gesellschafter, ihnen zugängliche, insbesondere schriftlich vorgelegte Informationen sorgfältig zu prüfen. Umgekehrt manifestiert diese Entscheidung einmal mehr, dass auch nach erteilter Entlastung oftmals noch Möglichkeiten bestehen können, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dabei wird stets eine einzelfallbezogene Prüfung der zum Zeitpunkt des Entlastungsbeschlusses vorhandenen Informationen erforderlich sein. Bei fortgeschrittenem Zeitablauf droht zudem die Verjährung von Ansprüchen.

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