Alexander Schabowski (alexander.schabowski@ber-auren.de), Steuerberater und MBA. Mitglied des Auren-Teams Global Taxperts – unsere Experten für grenzüberschreitende Steuerfragen
Wenn internationale Unternehmen eine lokale Tochtergesellschaft gründen, sollten sie neben dem DBA auch immer die Besonderheiten bei der Quellensteuererstattung mitberücksichtigen. Bei mangelhafter Planung oder Fehlern im Antrag kann es schnell zu Doppelbesteuerung und zu erheblichem Compliance-Aufwand kommen. Das bisher schon aufwendige und langwierige Verfahren ist in Folge der Modernisierung in 2021 noch komplexer geworden.
Deutschland ist bisher als Investitions- und Holdingstandort aus steuerlichen Gründen attraktiv. So sieht beispielsweise die deutsche DBA Verhandlungsgrundlage für Bezieher von Schachteldividenden eine Freistellung von 95% und bei Streubesitzdividenden eine Freistellung von 85% vor. Noch weiter geht die Mutter-Tochterrichtlinie in der EU mit einer 100 prozentigen Freistellung.
Der Quellensteuerabzug für Kapitalerträge ist allerdings ungeachtet etwaiger vorrangiger Vorschriften vorzunehmen. Die ausländische Muttergesellschaft kann die zu viel gezahlten Quellensteuern nur im Rahmen des Entlastungsverfahren beim BZSt zurückerhalten. Nur wer dieses Verfahren erfolgreich bis zum Ende geht, kann einer effektiven Belastung von ca. 26% auf die thesaurierten Gewinne entgehen.
Das Verfahren wurde in 2021 mit dem AbzStEntModG in Teilen neu geregelt. Dabei hatte der Gesetzgeber unterschiedliche Ziele bei der Neufassung der Regelung vor Augen: auf der einen Seite das EUGH-Urteil wegen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und auf der anderen Seite die Umsetzung der ATAD zur Missbrauchsbekämpfung.
Im Ergebnis ist das Risiko gestiegen, dass das Verfahren zu einer langwierigen und auch kostspieligen Hängepartie wird. Da aktuell auch kein aktualisiertes BMF-Schreiben existiert, erhöht sich die Unsicherheit zusätzlich. Aber es gibt auch Lichtblicke.
Gemäß § 50d III EstG ist nur der hinter dem Vergütungsgläubiger stehende tatsächliche wirtschaftliche Empfänger der Zuflüsse insoweit entlastungsberechtigt. Die Person muss daher auch selbst entlastungsberechtigt sein. Im Ergebnis ist die persönliche Entlastungsberechtigung für jeden mittelbaren wirtschaftlichen Empfänger der Ausschüttung einzeln zu prüfen und die positiven Beteiligungsquoten zusammenzurechnen. Bereits die praktische Seite dieser Anforderung stellt die steuerlichen Berater und die steuerlichen Verantwortlichen multinationaler Unternehmen vor erhebliche (Dokumentations-)Herausforderungen.
Zusätzlich zur persönlichen ist auch jetzt neu auch die sachliche Entlastungsberechtigung zu belegen. Demnach muss die empfangende Gesellschaft einen wesentlichen Zusammenhang mit der Wirtschaftstätigkeit des Vergütungsschuldners und hierfür auch einen angemessenen Geschäftsbetrieb aufweisen können.
Da die Voraussetzungen nach Gesetzeswortlaut kumulativ sind, kann theoretisch bereits bei einem funktionsarmen oder wirtschaftlichen anderweitig tätigen Antragsteller insoweit nicht mehr von einer Entlastung ausgegangen werden. Wie auch bisher kann es bei nicht entlastungsberechtigten Gesellschaftern irgendwo in der Beteiligungskette zu einer quotalen Versagung der Entlastung kommen. Meistens kommt ein Übel selten allein.
Zusätzlich bestehen Unklarheiten bei der Substanzanforderung an den Antragsteller oder hinsichtlich der Reichweite des „soweit“-Bezuges bei den sachlichen Anspruchsberechtigungen. Eine Klarstellung hierzu im Rahmen eines BMF Schreibens erscheint dringend geboten.
Der börsennotierte Vergütungsgläubiger ist wie auch zuvor von der Nachweispflicht befreit (zumindest im Hinblick auf deren Beteiligungsquote). Allerding reicht nach der Gesetzesverschärfung eine mittelbare Gesellschafterin mit Börsennotierung nicht mehr aus. Damit sind auch Zwischenholdingstrukturen börsennotierter Konzerne grundsätzlich als gefährdet zu betrachten.
Vorsichtig zuversichtlich mutet die neu eingeführte Vorschrift an, dass eine Entlastung letztlich auch bei nicht-Erfüllen der Voraussetzungen gewährt wird, wenn „keiner der Hauptzwecke (…der Dividendenempfängerin…) die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist“, § 50d III S.2 EstG. Der Antragsteller soll hier also seine Unschuld beweisen. Die praktische Reichweite dieser, im Rahmen der BEPS-Initiative bekannt gewordenen, „Principal-Purpose-Test“ – Regelung ist momentan mangels eines aktuellen BMF-Schreibens ebenfalls mit vielen Unklarheiten belastet. In der Literaturrecherche lässt sich vernehmen, dass die sog. Mäander-Strukturen oder auch aktiv gemanagte Beteiligungsholdings die begehrte Entlastung erhalten sollen. Praktische Erfahrung dazu bestehen kaum.
Schon erfolgversprechender erscheint der Nachweis des ordentlich eingerichteten Geschäftsbetriebs des Antragstellers. Interessant hierbei ist, dass der BZSt-Fragenbogen diesen Nachweis im EU-Schachteldividenden-Fall alternativ anstatt kumulativ zur persönlichen Entlastungsberechtigung als ausreichend erachtet, um in den Genuss der Freistellung zu gelangen. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieser Wirtschaftlichkeitsnachweis quasi redundant zum Missbrauchsausschlussnachweis gemäß § 50d III S. 2 EstG ausgelegt wird. Dies wäre bei allen nicht rein-steuerlich motivierten Strukturen tatsächlich eine erhebliche Erleichterung. Hier darf sich aber nicht zu früh gefreut werden, da das BZST es hier genau wissen will und z.B. sogar die Telefonanschlüsse, Mietverträge und Lohnjournale des Antragstellers sehen möchte. Also ist auch an dieser Stelle eine grenzüberschreitend abgestimmte Kopier- bzw. Scan-Operation vonnöten, um die Unterlagen zeitgerecht zu liefern. Ganz nebenbei sind Datenschutz und Betriebsgeheimnisse zu beachten, also müssten z.B. die Unterlagen entsprechend vor dem Versand geschwärzt werden. Das kann bereits bei Lohnunterlagen müßig werden.
Zusätzlich zu den umfangreichen Dokumentationsanforderungen sind auch praktische Aspekte zu beachten, um den Prozess am Ende nicht scheitern zu lassen. Zum Beispiel:
Abschließend ist festzuhalten, dass bei wirtschaftlich begründeten Strukturen ein Erstattungsverfahren erfolgreich sein kann. Jedoch ist der Prozess sorgfältig vorzubereiten, um erfolgreich die begehrte Erstattung bzw. Freistellung zu erhalten und um der Doppelbesteuerung zu entgehen.
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