Sachbezüge, Gutscheine und Anwendung der steuerfreien Optionen im Rahmen der 44-Euro-Grenzen

11/01/2020

Entwicklung der Themenstellung Sachbezüge, Gutscheine und Anwendung der steuerfreien Optionen im Rahmen der 44-Euro-Grenzen in den letzten Wochen

In den letzten Monaten gab es ja einen regen Austausch über die weitere steuerfreie Anwendung des 44-Euro-Sachbezugs. Da häufig Verunsicherung allein durch unterschiedliche Kenntnisstände auftritt, würden wir gerne mit einer kleinen Reise in die Vergangenheit starten:

Als Aufhänger für die Diskussion um die Nutzung des EUR 44,- Sachbezugs galten die beiden BFH Urteile VI R 13/16 (Krankenzusatzversicherung Sachlohn) und VI R 16/17 (Krankenzusatzversicherung kein Sachlohn) aus dem Sommer 2018. Kurz zusammengefasst ging es hier um Folgendes: eine Zuzahlung zu einer betrieblichen Krankenversicherung mit Zweckbindung der Zuzahlung an das Bestehen eines Vertrags zur betrieblichen Krankenzusatzversicherung wurde eindeutig NICHT als Sachbezug festgelegt. Bei Abschluss des Vertrages einer betrieblichen Krankenzusatzversicherung als Arbeitgeber direkt und Leistung der Beiträge durch den Arbeitgeber direkt an den Versicherungspartner, erlaubte nun final die Anwendung der EUR 44,- Sachbezugsfreigrenze und machte damit Zahlungen durch den Arbeitgeber lohnsteuer- und sv-frei möglich, solange diese nicht mehr als EUR 44,- monatlich betrugen.

Der BFH verwarf in dem Fall VI R 16/17 die Anrechenbarkeit als Sachleistung: bei dem vom Arbeitgeber gezahlten Zuschuss für die private Zusatzkrankenversicherung der Mitarbeiter zahlte der beklagte Arbeitgeber Geld zu der im eigenen Namen der Mitarbeiter abgeschlossenen Versicherungen bzw. knüpfte die Gewährung der Zuschüsse an die Bedingung, eine bestimmte Zusatzkrankenversicherung abzuschließen. Der Arbeitgeber wendete dazu monatlich maximal 44 Euro zu, im Glauben, dass er damit die 44-Euro-Freigrenze des § 8 Absatz 2 Satz 11 Einkommensteuergesetz (EStG) – also steuerfreien Sachlohn – nutzen würde. Der BFH stellte fest, dass der Arbeitgeber mit dieser Maßnahme – in diesem konkreten Einzelfall – den Arbeitnehmern Geld und keine Sache versprochen habe; es wurde eben nicht die (Sachleistung) Versicherung zugesagt. Ein in dem konkreten Einzelfall vom Arbeitgeber getätigter Mitarbeiteraushang reicht rechtlich nicht dafür aus, dass der beklagte Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ein Angebot zur Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterbreitet hat. Vielmehr sei dies nur ein Zuschuss zu den von den Arbeitnehmern geschuldeten Versicherungsprämien und damit eben keine vom Arbeitgeber vollumfänglich erbrachte Sachleistung, so der BFH.

In der  mündlichen Verhandlung trug die Beklagte vor, dass sie ja den Zuschuss als Geldkarte als Sachlohn hätte erbringen können – dies verwarf der BFH für diesen Fall mit der Randziffer 31: In dem beurteilten Sachverhalt – und in der beschriebenen Fallkonstellation wäre eben Geld und kein Sachlohn geleistet worden – selbst in dem Fall, dass der Zuschuss über eine Geldkarte oder ein anderes Geldsurrogat erbracht worden wäre (soweit Rz 31) – das war im konkreten Fall aber ohnehin nicht geschehen. In der Randziffer 16 verweist der Senat ergänzend explizit auf seine bestehende Rechtsprechung zur Abgrenzung von Barlohn und Sachlohn an deren Gültigkeit sich nichts geändert hat, da bereits in den Entscheidungsgründen aus dem 2009er BFH-Sachleistungsurteil der BFH explizit darauf hinwies: „Ein Sachbezug, nämlich eine nicht in Geld bestehende Einnahme i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG, liegt daher auch dann vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Recht, nämlich einen Anspruch, eine Sach- oder Dienstleistung beziehen zu können, einräumt. Denn Sachbezüge sind alle Einnahmen, die nicht in Geld bestehen; zu den nicht in Geld bestehenden Vorteilen zählen deshalb auch Rechte. Deshalb steht der Qualifikation als Sachbezug nicht entgegen, dass Arbeitnehmer (wie im Falle der 44-Euro-Guthabenkarten) keine konkreten Sachen oder konkreten Dienstleistungen erhalten.

In diesem Zusammenhang wurde dann ja auch zwischen Gutscheinen und Geldkarten differenziert. Ein Gutschein ist demnach ein Recht gemäß § 807 BGB, Ware oder Dienstleistungen (Sachbezug) bis zur Höhe des Gutscheinwerts vom Aussteller zu beziehen. Geldsurrogate wie z.B. Wertguthabenkarten, die Arbeitnehmer in Form von Prepaid-Kreditkarten zur Verfügung gestellt werden, wären laut dieser Überlegung mangels Leistungsverpflichtung nicht durch den § 807 BGB gedeckt und das BMF war hier nun an der Abstimmung dazu.

Die Tendenz ging Ende 2018 stark dazu, dass nur Karten mit einer Begrenzung auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen steuerfrei bleiben werden. Es folgten viele Ansätze und Überlegungen, den größten Umfang nahm der Ansatz an, Karten nur noch mit einer Begrenzung auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen als Sachbezug zu werten. Dies erinnerte stark an Ausnahmetatbestände des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (§2 Nr. 10 ZAG) für Gutscheinprodukte. Dort wurde mit ähnlichen Kriterien gearbeitet. Ausnahmen galten für Gutscheine mit: a) einem begrenzten Netz von Einlösestellen b) einem begrenzten Waren und Dienstleistungsangebot c) einem steuerlichen Zweck, wenn der Emittent eine gewerbliche Vereinbarung mit den Akzeptanzstellen schließt.

Es erschien nicht abwegig, dass das BMF die drei Ausnahmetatbestände in §2 NR. 10 ZAG als Kriterien für den Sachbezug nutzen könnte. Ein Vorteil wäre hierbei, dass CityCards (für den regionalen 44€-Sachbezug), weiterhin als Sachbezug gelten würden, da sie unter die Ausnahme a) fallen. Zahllose Diskussionen folgten und Ende März 2019 legte das BMF einen Entwurf vor, über welchen die Länder abstimmen müssten. 

Die Länder sollten dann Anfang der Woche vom 25.03.2019 in einer geschlossenen Sitzung entscheiden, wie die neue Regelung der Sachbezüge ausgestaltet werden soll.

Am 27. März 2019 sah der Stand in Berlin zum Treffen der Lohnsteuer-Referatsleiter der Länder dann wie folgt aus: Eine Entscheidung 44-Euro-Freigrenze wurde vertagt. Es gab keine Einigung auf der Ebene der Referatsleiter.

Auf Länderebene wurde dann aktuell geprüft, ob nun die Abteilungsleiter das Thema übernehmen.

Mitte April wurde dann diskutiert, dass die Thematik der 44-Euro-Freigrenze keineswegs mehr über eine Verwaltungsanordnung eingeschränkt werden sollte, sondern im Jahressteuergesetz 2020 neu geregelt werden soll. Hier war auch eine Erhöhung der Freigrenze von 44 Euro auf 60 Euro in der Diskussion, also eine Anpassung auf den Freibetrag der Aufmerksamkeiten.

Geplant war dann die Gesetzesvorlage 29.05.2019 zum 31.07.2019. Mitte Juli wurde bekannt, dass das Jahressteuergesetz zur Beratung für den 31.07. im Kabinett terminiert war. Dem Vernehmen nach sollten „die 44 Euro“ ausgeklammert werden, die Einbeziehung des § 37 b) in der Anwendung von Gutscheinkarten sollte umfassend neu geregelt werden.

Als Ergebnis hat das Bundeskabinett am 31.07. das Jahressteuergesetz – ohne die vorgesehenen Änderungen bei der 44-Euro-Freigrenze – auf den Gesetzgebungsweg gebracht. Dort hieß es zur „Abgrenzung Geld- und Sachbezüge / Einschränkung des Sachleistungsbegriffs: Die vorgesehene Regelung zum Ausschluss von Geldsurrogaten, insbesondere Geldkarten aus dem Sachleistungsbegriff (§ 8 EStG) wird zurückgestellt und wurde aus dem Regierungsentwurf gestrichen.“ Der 44-Euro-Freibetrag konnte also weiter angewandt werden.

Die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn stand aber weiter im Fokus der Finanzverwaltung und der BMF hatte seine Haltung zur Gewährung von Mitarbeiterkarten stark eingeschränkt: Prepaid-Karten würden gemäß der nun ergangenen Verwaltungsanweisung sowie des im Bundessteuerblatt veröffentlichen Urteils nicht mehr unter die Anwendung der steuerfreien Sachbezüge (44-EUR-Sachbezugsgrenze) fallen.

Die folgenden Diskussionen, die Verbandsarbeit und sonstigen Bemühungen möchten wir gar nicht im Detail schildern. Ergebnis war, dass es am 07.11. einen neuen Ansatz gab, der am 28.11. dann als Gesetz verabschiedet wurde.

Die neue Regelung zu Sachbezügen im Rahmen der EUR 44,- Grenzen, für Aufmerksamkeiten, Gutscheine und § 37 b) EStG

Das am 28.11. verabschiedete Gesetz hierzu umfasst folgende Details: Die Gewährung des Sachbezugs wird weiterhin in § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG geregelt. Die Regelung hat aber in § 8 Abs. 1 eine Ergänzung erfahren. Diese besagt: Sachbezug stellen ab dem 1. Januar 2020 gemäß der neuen Regelung nur Gutscheinkarten dar, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien von § 2 Absatz 1 Nummer 10 a), b) oder c) des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Demnach sind drei verschiedenen Optionen von Gutscheinkarten für den Sachbezug erlaubt:

Gutscheine mit begrenztem  Einsatzbereich, also von Einkaufsläden, Einzelhandelsketten oder regionale CityCards – § 2 Abs. 1 Nr. 10a Gutscheine mit begrenzter Produktkategorie, also z.B. für Kino etc .) – § 2 Abs. 1 Nr. 10b Gutscheine mit begrenzter Anzahl von Akzeptanzpartner, also z.B. Gutscheinkarten mit vertraglich angeschlossenem Akzeptanznetzwerk in Deutschland – § 2 Abs. 1 Nr. 10c

Haben Sie also Gutscheine von einer Tankstelle im Einsatz, so sollten diese auch weiterhin nutzbar sein: hier handelt es sich in der Regel um einen begrenzten Einsatzbereich und oftmals sogar eine begrenzte Produktkategorie. Allerdings lässt sich über den zweiten Punkt bei den angeschlossenen Shops der Tankstellen teils streiten.

Haben Sie einen Gutschein einer Stadt im Einsatz, so dürfte der Einsatzbereich eindeutig begrenzt sein und damit auch weiterhin nutzbar.

Wie aber geht man mit Amazon-Gutscheinen um? Liegt hier eine Begrenzung vor? Woran macht man dann die Zahl der Akzeptanzpartner fest? Am Partner selbst oder doch eher an den Händlern, die man dort erreichen kann?

Ein BMF-Schreiben ist in Arbeit, das Ende Januar 2020 an die Länder gehen soll und dann hoffentlich im Februar 2020 oder aber März dann zur Veröffentlichung bereit steht und Klarstellungen mit sich bringen wird.

Haben Sie derzeit Gutscheinkarten im Einsatz, dann wurden Sie von Ihrem Vertragspartner unserer Erfahrung nach bereits Ende 2019  nach Veröffentlichung des Gesetzes informiert, dass Karten mit Kreditkartenfunktion nicht mehr nutzbar sind, hier sprach man auch von den sogenannten open-loop-Karten.

Die nachfolgenden fünf gesetzlichen Kriterien muss eine Gutscheinkarte ab 2020 erfüllen: 1. Die Gutscheinkarte kann nur in Deutschland eingesetzt werden. 2. Sie als Unternehmen haben den Anbieter mit der Ausgabe der Gutscheinkarten beauftragt. 3. Die Gutscheinkarte wird im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG gewährt (monatlich bis zu 44 Euro und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn). 4. Die Gutscheinkarte ermöglicht ausschließlich den Bezug von Waren und Dienstleistungen; eine Barauszahlung ist nicht möglich. 5. Die Gutscheinkarte kann ausschließlich bei Akzeptanzstellen eingelöst werden, die eine gewerbliche Vereinbarung mit den Akzeptanzpartnern geschlossen haben.

Erfüllt Ihre bis dato eingesetzt Karte diese Kriterien, handelt es sich voraussichtlich um eine sogenannte Closed- bzw. Controlled-Loop-Karte. Diese können Sie nach heutigem Kenntnisstand weiterhin für die Übermittlung von steuer- und sv-freiem Sachbezug nutzen. Sicherheit wird es erst nach dem finale BMF-Schreiben geben, dass wie oben beschrieben frühestens für Ende Februar 2020 erwartet wird.

Verkennen Sie aber bitte nicht die Wirkung für Sachbezüge generell, also nicht nur für die Nutzung von EUR 44,- Sachbezüge, sondern auch für die Gewährung von Aufmerksamkeiten, also Geschenken zu Geburtstagen oder anderen persönlichen Ereignissen wie Hochzeit oder Geburt eines Kindes sowie im Rahmen des § 37 b EStG.

Wichtig zu erkennen ist hier, dass die Festlegung eines Zweckbezuges nicht mehr statthaft ist: es muss eine Sache erworben werden. Sie können also nicht mehr dem Mitarbeiter einen selbst erstellten Benzingutschein gewähren: dieser fährt zur Tankstelle, tankt für EUR 44,- und bringt diesen Beleg mit und erhält dafür von Ihnen das Geld. SIE müssen zur Tankstelle gehen, einen Gutschein über maximal EUR 44,- kaufen und diesem dem Mitarbeiter maximal einmal im Monat aushändigen.

Foto: Dusit Panyakhom  

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