Mindestlohn im Verein: Das gilt

18/11/2022

Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde: Das müssen gemeinnützige Vereine jetzt beachten

Das Thema „Mindestlohn im Verein“ war zuletzt etwas in der Versenkung verschwunden. Zu Unrecht, denn die Haftungsrisiken für Verein und Vorstand sind durchaus gegeben. Nehmen Sie die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde zum 01.10.2022 zum Anlass, bei Ihrem Verein zu recherchieren, inwieweit Sie Maßnahmen ergreifen müssen.

Kein Mindestlohn bei Ehrenamt

Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind ausdrücklich von der Anwendung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) ausgenommen. In § 22 Abs. 3 MiLoG heißt es: „Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von ehrenamtlich Tätigen“. Ehrenamtlich und unentgeltlich im Sinne des MiLoG sind z. B. Leistungen, die über den Übungsleiter bzw. den Ehrenamtsfreibetrag vergütet werden. Mindestlohnrelevant sind dagegen Vergütungen für Übungsleiter oder Ehrenämtler, die die Freibeträge des § 3 Nr. 26 EStG bzw. § 3 Nr. 26a EStG übersteigen.

Beschäftigungsverhältnis versus selbstständige Tätigkeiten

Dann liegt nämlich ein Beschäftigungsverhältnis vor. Es ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Das ist der Fall, wenn der Beschäftigte in die Organisation eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Im Gegensatz dazu sind Vergütungen für eine selbstständige Tätigkeit nicht vom Mindestlohn erfasst. Selbstständigkeit ist gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.

Sonstige Einkünfte von Vereinsmitgliedern

Sehr geringe Einkünfte führen regelmäßig zu keinem Arbeitsverhältnis. Bestimmte Grenzen hat die Rechtsprechung hier nicht gezogen. Bei gemeinnützigen Vereinen bewegt sich das aber regelmäßig innerhalb des Ehrenamtsfreibetrags. Bei Sportlern, für die der Freibetrag nicht gilt, bedeutet das, dass Zahlungen, die nicht wesentlich über einen Aufwandsersatz hinausgehen, ohne Bedeutung ist.

Wichtig: Hier ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Nach dem MiLoG ist diese Prüfung bei einem Künstler erforderlich, wenn die Vergütung mehr als 3.000 Euro im Jahr (Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG) beträgt. Dem Sportler steht kein Freibetrag zu. Bei ihm ist also jede Art von Vergütung, die über Aufwendungsersatz hinausgeht, mindestlohnrelevant.

Beispiele

Ein Amateursportler übt den Sport nicht aus wirtschaftlichem Interesse, sondern zum Ausgleich
vom Berufsleben oder zur Erholung aus. Nach den Festlegungen der Träger der gesetzlichen Sozialversicherung wird bei gelegentlichen Geld- und Sachzuwendungen oder regelmäßigen Vergütungen zur pauschalen Abgeltung von Aufwendungen des Sportlers bis zu einer Höhe von 250 Euro monatlich keine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung ausgeübt.
Eine andere Beurteilung ist beim „Vertragsamateur“ geboten. Kennzeichnend für dessen Tätigkeit ist neben der Vereinsmitgliedschaft die zusätzliche vertragliche Vereinbarung über die Erbringung von sportlichen Leistungen gegen Entgelt. Hier liegt regelmäßig eine Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung vor. Er hat Anspruch auf den Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde.

Vorstandstätigkeit

Ein bezahltes Vorstandsmitglied ist regelmäßig sozialversicherungspflichtig, sofern die Vergütung den Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG von 840 Euro im Jahr übersteigt. Bei ihm ist dann das MiLoG anzuwenden.

Prinzipielle Anwendung des MiLoG im Ehrenamtsbereich

Ein Arbeitsverhältnis ist unteilbar. Ehrenamtlichkeit im Sinne des MiLoG liegt deshalb – wie erwähnt – nicht mehr vor, wenn der ehrenamtlich Tätige Bezüge oberhalb der Steuerfreibeträge (Übungsleiter oder Ehrenamtsfreibetrag) erhält. Dann unterliegt die gesamte Tätigkeit dem MiLoG, wenn insgesamt ein Arbeitsverhältnis besteht. Soweit die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen gegeben sind, kann von dem Verdienst, der mindestens zwölf Euro pro Stunde betragen muss, die Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden.

Beispiel:

Regelungen des MiLoG im Einzelnen

Dem MiLoG liegt der allgemeine schuldrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde (§§ 611 ff BGB). Der Mindestlohn gilt auch für Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte (Mini-Job). Jeder Arbeitnehmer hat ab dem 01.10.2022 Anspruch auf Zahlung eines Entgelts, das mindestens zwölf Euro je Stunde beträgt (§ 1 MiLoG).

Wie kommen Verstöße ans Licht?

Verstöße gegen die Zahlung des Mindestlohns können aufgedeckt werden

  • von der Zollverwaltung (sie prüft, ob der Mindestlohn eingehalten wird),
  • vom Mitarbeiter (er kann jederzeit eine Lohnzahlung von mindestens zwölf Euro pro Stunde einfordern oder Verstöße anzeigen).

Aufzeichnungspflichten zum MiLoG im Verein

Ihr Verein ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit innerhalb einer Woche aufzuzeichnen und mindestens zwei Jahre aufzubewahren (§ 17 MiLoG). Sie müssen also die Verträge bzw. die Zeiten der Beschäftigungen gesondert erfassen, soweit deren Vergütung über den Freibeträgen nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG liegen. Monats- oder andere Pauschalen müssen Sie auf einen Stundensatz umrechnen. Dieser darf im Ergebnis nicht weniger als zwölf Euro pro Stunde betragen.

Beispiel 1

Eine Mitarbeiterin arbeitet zwei Tage in der Woche für je vier Stunden in der Geschäftsstelle des Vereins. Zusätzlich erledigt sie zuhause die Buchführung des Vereins. Im Durchschnitt benötigt sie dafür fünf Stunden im Monat. Ihre pauschale Monatsvergütung beträgt 350 Euro. Der Stundenlohn berechnet sich wie folgt:

Die Mitarbeiterin verdient 8,75 Euro je Stunde. Der Verein erfüllt das Mindestlohnerfordernis nicht.

Beispiel 2

Ein Trainer hat laut Vertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von acht Stunden. Er erhält neben einer Vergütung von 254 Euro weitere als Auslagen bezeichnete Beträge: 103,50 Euro Entfernungspauschale für Fahrten zu Training und Heimspielen, 22,50 Euro Reisekostenersatz für Fahrten zu Auswärtsspielen, 20 Euro Auslagenersatz für Telefonkosten, insgesamt 400 Euro.

Folge: Der Mindestlohn wird nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen berechnet. Entfernungspauschale, Reise- und Telefonkosten sind vertraglich vereinbarter Aufwendungsersatz. Sie werden nicht auf den Mindestlohn angerechnet. Mindestlohnrelevant ist nur die Vergütung für das Training in Höhe von 254 Euro. Der Stundenlohn berechnet sich wie folgt:

Folge: Da die Vergütung nur 254,00 Euro beträgt, muss sie ab 01.10.2022 um 166,00 Euro monatlich erhöht werden, um das MiLoG zu erfüllen.

Quelle: IWW Verlag

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