Der Vertrauensschutz durch das Vereinsregister: Das müssen Vorstand und Verein wissen

15/12/2021

Marion Triess (marion.triess@rtg-auren.de), Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin

Die Frage, wie weit sich Vereinsmitglieder und Dritte auf die Eintragung des Vorstands im Vereinsregister verlassen können, spielt in der Praxis eine große Rolle. Erfahren Sie deshalb, wie genau es um diesen Vertrauensschutz bestellt ist und welche Folgen das für Vorstand, Verein, Mitglieder und Geschäftspartner des Vereins hat.

Registereintrag hat nur deklaratorische Wirkung

Der Registereintrag hat bezüglich des Vorstands und seiner Vertretungsmacht nur deklaratorische (rechtbekundende) Wirkung. Tatsächlicher Vorstand ist nicht, wer eingetragen ist, sondern wer (in der Regel durch Wahl) wirksam bestellt ist.

Wird Ihr Vorstand also neu gewählt, ist er im Amt, sobald er die Wahl angenommen hat. Er kann dann für Ihren Verein alle Rechtsgeschäfte eingehen. Der bisherige Vorstand ist damit abberufen und verliert seine Berechtigung, Ihren Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Auf die Eintragung ins Vereinsregister kommt es dabei nicht.

Faktisch bedeutet das, dass niemand darauf vertrauen kann, dass der eingetragene Vorstand tatsächlich noch im Amt ist oder überhaupt wirksam bestellt wurde.

„Negative Publizität“ des Registers: Das steckt dahinter

Diese fehlende Verlässlichkeit des Registereintrags schränkt § 68 BGB teilweise ein. Er regelt speziell die Frage, welcher Rechtsschutz für Dritte besteht, wenn eine Änderung des Vorstands noch nicht eingetragen wurde. Der Dritte kann sich danach darauf berufen, dass der eingetragene Vorstand tatsächlich für den Verein Rechtsgeschäfte abschließen darf, wenn der neue Vorstand noch nicht eingetragen ist und ihm die Änderung auch nicht bekannt war.

Das Gutgläubigkeit des Dritten

Ist die Änderung eingetragen, braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie nicht kennt und seine Unkenntnis nicht auf Fahrlässigkeit beruht. Der Dritte kann sich also darauf verlassen, dass keine Änderungen eingetreten sind, wenn er gegenüber einem früheren Vorstandsmitglied handelt. Er wird aber nicht in seinem Glauben geschützt, dass eine frühere Vorstands-Eintragung richtig war. Es schadet ihm nur die positive Kenntnis von der eingetretenen Änderung.

Beweislast über „das Wissen müssen des Dritten“ liegt beim Verein

Da liegt die Beweislast aber bei Ihrem Verein. Sie müssen beweisen, dass der Dritte wusste, dass sich im Vorstand etwas geändert hat. Müssen Sie also vermuten, dass ein ausgeschiedenes Vorstandsmitglied noch Geschäfte für Sie abschließt, sollte der neue Vorstand Geschäftspartner umgehend informieren. Damit können Sie verhindern, dass solche Geschäfte Ihren Verein binden. Andernfalls müssen Sie sich wegen Schadenersatzforderungen an das ausgeschiedene Vorstandsmitglied halten.

Fahrlässigkeit kostet den Dritten die Gutgläubigkeit

Der Dritte ist nicht gutgläubig, wenn seine Unkenntnis auf Fahrlässigkeit beruht. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die Eintragung des geänderten Vorstands kurz vor dem Rechtsgeschäft erfolgt ist oder wenn der Dritte sich einen aktuellen Registerauszug vorlegen ließ.

Wichtig: In den meisten Fällen ist Ihr Verein also gut geschützt. Achten Sie trotzdem darauf, dass Änderungen im Vorstand möglichst schnell zum Vereinsregister angemeldet werden.

Neueintragungen und die Gutgläubigkeit

Als Verein dürfen Sie von Geschäftspartnern erwarten, dass diese den Inhalt des Vereinsregisters kennen. Sie müssen sich also über den Stand des Registers auf dem Laufenden halten. Etwas anderes gilt nur, wenn ein Rechtsgeschäft „unmittelbar“ nach Eintragung der Änderung abgeschlossen wird. Hier wird man eine Frist von zwei Wochen nach Eintragung unterlegen können. Wird das Geschäft innerhalb dieser Frist mit dem alten – nicht mehr berechtigten – Vorstand geschlossen, bindet das Ihren Verein.

Wichtig: Das Risiko, das aus einer nicht bekannten Eintragung entsteht, liegt also regelmäßig beim Geschäftspartner Ihres Vereins. Das führt zu Unsicherheiten im Rechtsverkehr, die aber nicht zulasten des Vereins gehen.

§ 68 BGB schützt Vertragspartner des Vereins

Die Bestimmung des § 68 BGB schützt ausschließlich den Vertragspartner, nicht den Verein. Ein solcher Schutz des Vereins ist auch nicht erforderlich. Schließt jemand für den Verein Rechtsgeschäfte ab, der das nicht durfte, gilt nämlich:

  • Entweder liegt eine Vertretung ohne Vollmacht vor. Dann gilt nach § 177 BGB, dass der Handelnde persönlich haftet, wenn Sie das Geschäft nicht nachträglich genehmigen.
  • Durfte die betreffende Person als Vorstandsmitglied nach außen für den Verein handeln, können Sie sie in Haftung nehmen, wenn
    • die Person keine Erlaubnis für das Geschäft hatte oder
    • sie damit gegen Satzung oder Beschlüsse der Mitgliederversammlung verstoßen hat.

Auch Vereinsmitglieder können Dritte sein

Dritter ist grundsätzlich jeder von der Eintragung nicht selbst Betroffene – also grundsätzlich alle mit Ausnahme des Vorstands selbst. „Dritter“ im Sinne des § 68 BGB kann auch ein Vereinsmitglied sein.

Beispiel: Weil der Verein kein eigenes Bankkonto hat, laufen die Beitragszahlungen über ein Privatkonto eines Vorstandsmitglieds. Dieses fordert die Beitragszahlungen ein, obwohl es mittlerweile abgewählt wurde. Das Mitglied darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass es damit seine Beitragspflicht gegenüber dem Verein erfüllt hat.

Für Mitglieder ist der Vertrauensschutz aber geringer, weil sie in aller Regel wissen (müssen), wer Vorstand ist. War also z. B. auf einer kurz vorher abgehaltenen Mitgliederversammlung die Neuwahl des Vorstands Tagesordnungspunkt, besteht kein Vertrauensschutz für das Mitglied, auch wenn es – weil es an der Versammlung nicht teilnahm – nicht sicher wissen konnte, dass sich der Vorstand geändert hat.

Das heißt aber nicht, dass jeder – außer dem betreffenden Vorstandsmitglied selbst – ein „Dritter“ ist. So hat z. B. der BGH in einem neuen Urteil festgestellt, dass ein vom bisherigen Vorstand beauftragter Rechtsanwalt in Hinblick auf die Prozessvollmacht kein Dritter ist. Im konkreten Fall bezweifelte der BGH außerdem, dass der Anwalt von der Abberufung des Vorstands nicht wusste, weil er ihn gerade im Streit um seine Abberufung vertrat (BGH, Beschluss vom 11.05.2021. Az. II ZB 32/20).

Regelung gilt nur für unmittelbare Rechtsgeschäfte

Die Schutzwirkung des § 68 BGB gilt nur für Rechtsgeschäfte unmittelbar zwischen Verein und Dritten. Die Wirksamkeit von Beschlüssen ist davon nicht berührt.

Beispiel: Ein nicht mehr amtierendes Vorstandsmitglied beruft eine Mitgliederversammlung ein, auf der die Aufnahme von Bewerbern beschlossen wird. Weil das ausgeschiedene Vorstandsmitglied die Versammlung nicht wirksam einberufen konnte, sind die dort gefällten Beschlüsse unwirksam.

Hier spielt der Vertrauensschutz des Vereinsregisters keine Rolle, weil er sich auf den Aufnahmevertrag zwischen Verein (vertreten durch den Vorstand) und den Bewerber bezieht, nicht auf den Beschluss der Mitgliederversammlung.

Fazit: Der Vertrauensschutz des Vereinsregisters bezüglich des eingetragenen Vorstands hat nur eine sehr geringe Wirkung. Ihr Verein ist also in aller Regel gut geschützt. Meist gehen „zu viel Vertrauen“ nicht zulasten des Vereins, sondern zulasten Ihrer Geschäftspartner. Halten bzw. bringen Sie Registereintragungen trotzdem möglichst auf den aktuellen Stand.

Quelle: IWW Verlag

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